Etwa 1.000 Jahre v. Chr. hatten noch die Kelten im Elsass das Sagen. Dann kamen mit Julius Cäsar die Römer. Und mit ihnen der Wein. Es folgten die Alemannen, dann die Franken. In den nächsten 1200 Jahren unterschiedlichster Herrschaftsansprüche musste man sich immer wieder anpassen, bis Mitte des 17. Jh. im Westfälischen Frieden Frankreich die Oberhand bekam. Der Sieg des Kaiserreiches über Frankreich Ende des 19. Jh. machte aus den Elsässern wieder mal Deutsche. Zu Frankreich gehörte man dann am Ende des 1. Weltkrieges. Der 2. Weltkrieg machte aus den Elsässern fatalerweise noch einmal Deutsche, die aber nach dem Ende dieser unheilvollen Zeit gleich wieder zu Franzosen wurden.
Von Hause aus sind die Elsässer arbeitsame und friedfertige Menschen, die ihre meist überlieferten Gewohnheiten lieben. Dazu gehört unstreitig das Elsässerditsch, ein alemannischer Dialekt. Aber auch viele ihrer Rechte und Gesetze stammen aus Zeiten unterschiedlicher nationaler Zugehörigkeit und haben z. T. Jahrhunderte überdauert. Mit diesen Tatsachen – ihrer Kultur, ihrer regionalen Identität – grenzt man sich selbstbewusst vom Rest der Grande Nation ab, was schon so manchen umtriebigen Politiker in Paris zu erschrockenem Einlenken bewogen hat.
Riquewihr, entstanden aus einem Landgut aus dem 8. Jh., inmitten von Weinbergen gelegen, gehört wohl mit seinen ca. 1.000 Einwohnern zu den schönsten Orten Frankreichs. Das Rothenburg des Elsass, unweit von Colmar gelegen, bringt es als Hauptattraktion an der Weinstraße auf gut zwei Millionen Touristen jährlich. Mit diesem Wissen wählten meine Frau und ich für unseren Besuch einen frühen Vormittag unterhalb der Woche. Das hatte den weiteren Vorteil, dass wir auf einem Parkplatz an der Avenue Jaques Preiss unweit des Rathauses bequem parken konnten. Schon der erste Eindruck, eben dieses neoklassizistische Rathaus aus dem 18. Jh. war ein besonders schöner. Der Durchgang im Rathaus dient als östlicher Eingang in die von einer noch intakten Stadtmauer umgebenen bunten Märchenstadt. Wir schlenderten bei strahlendem Sonnenschein die gepflasterte Rue du General de Gaulle hinauf, quer durch die historische Altstadt, bis zum Dolder Turm, als Belfried das Wahrzeichen der Stadt. Unterwegs konnten wir uns nicht sattsehen an den pittoresken, wunderschönen, blumengeschmückten Fachwerkbauten, überwiegend errichtet Ende des 13. Jh. bis Mitte des 18. Jh., der Blütezeit des Weinortes. Eigentlich wähnten wir uns bei den Prachtbauten aus dem Mittelalter und der Renaissance wie in einem Freilichtmuseum. Die aneinandergeschmiegten Fachwerkhäuser, dem Handwerk ihrer Bewohner entsprechend farbig gestrichen, sind teilweise mit Wandmalereien geschmückt und verziert mit wunderschönen Aushängeschildern. Etliche, kunstvoll gestaltete Brunnen vervollständigten das Bild. Postkartenmotive wohin man schaute. Cafés und Weinstuben, hübsche Läden und Restaurants fanden wir auch in den kleinen, nach rechts und links abgehenden ruhigen Gassen.
Und so ließen wir uns nicht lange bitten und besuchten eines der gemütlichen Terrassenrestaurants. Bei einem leckeren Flammkuchen und einem köstlichen Glas Riesling schauten wir den Touristen zu und ließen diese besondere Atmosphäre noch einmal auf uns wirken. Zu guter Letzt sei noch darauf hingewiesen, dass der Storch, das Wahrzeichen der Elsässer, dort in großer Anzahl anzutreffen ist, und junge Paare möglicherweise erhöhte Vorsicht walten lassen sollten …
Erstmals erschienen im „Schleidener Wochenspiegel“ unter der Rubrik „Schon mal dort gewesen?“.