Bad Breisig

Ungestüm, hitzig und jähzornig war er, der Burggraf Johannes VI. von Rheineck. Und als er bei einem Fest auf der Godesburg im Streit einen anderen Gast erstach, kostete ihn das schon am nächsten Morgen den cholerischen Kopf. Zu Gute halten kann man ihm aber, dass es seinem – zu Lebezeiten – guten Verhältnis zu Kaiser Karl IV. zu verdanken war, dass dieser seiner Bitte entsprach und dem Ort „Brysik“ im 14. Jh. die Marktrechte verlieh. Zeit wurde es aber auch. Die Tempelritter hatten zu Zeiten der Kreuzzüge in „Brysik“ eine Herberge errichtet und in einer Kapelle eine Kreuzreliquie hinterlassen, die alsbald zu einer regen (für den Ort einträglichen) Pilgertätigkeit führte. Günstiges Klima und fruchtbare Böden taten ihr übriges. Der Flecken stand in voller Blüte. Handwerk, Handel und Wandel florierten. Und so entstand im September, am Katholischen Fest der Kreuzerhöhung, der wichtigste der Märkte, der „Zwibbelsmaat“. Früher ein Markt für Feldfrüchte, heute ein Jahrmarkt mit mehr als 300 Ständen und vielen tausend Besuchern.

Meine Frau und ich waren beeindruckt. Ein schmuckes Städtchen am Mittelrhein lag da vor uns. Geparkt hatten wir in der Nähe des Bahnhofs und schlenderten nun die Brunnenstraße hinab, vorbei an den imposanten „Römer-Thermen“. Ein sehr beliebtes und großzügig angelegtes Thermalbad. Durch die Lohkump-Gasse wechselten wir über die Koblenzer Straße in die Tempelgasse. Im dortigen Templerhof verwöhnt inzwischen ein Weinhaus mit toskanischer Küche seine Gäste. Wir bummelten weiter zum alten Rathaus, durch den gepflegten Kurpark und dann die Rheinpromenade entlang. Hier tauchten wir auf wenigen 100 Metern ein in eine von wunderschönen, stilvollen, historischen Fachwerk-Giebelhäusern gesäumte Uferpromenade. Nur staunen konnten wir über die liebevoll gepflegten Häuserzeilen, größtenteils aus dem 16. und 17. Jh., die sich auch in den drei kleinen Gassen nebenan fortsetzten. Beispielhaft sei hier nur als ältestes Haus im Kreis Ahrweiler, das bezaubernde, pittoreske „Alte Zollhaus“ aus dem 15. Jh. erwähnt. Nach einer angenehmen Rast in einem der vielen Terrassenrestaurants mit Blick auf den Rhein und das gegenüberliegende Schloss Arensfels machten wir uns dann Richtung Bonn auf den Heimweg.

Allerdings nicht, ohne einen kleinen Abstecher zu machen, der sich geradezu aufdrängte. Wir fuhren die B 9, den Diplomatenhighway, entlang Richtung Bad Godesberg bis nach Mehlem und dort ein Stück bergauf zum Rolandsbogen. Ein restaurierter Fensterbogen einer längst verfallenen Burg. Der Sage nach wurde Ritter Roland im Spanienkrieg Kaiser Karls irrtümlich für Tod erklärt. Seine Braut ging daraufhin vor Herzeleid ins Kloster Nonnenwert. Als Ritter Roland nun doch zurückkehrte, ließ er auf dem Berg in Sichtweite eine Burg errichten, um seiner Angebeteten nahe zu sein… Gleich neben dem Rolandsbogen schließt sich ein klassisches Restaurant an mit einer behaglichen Aussichtsterrasse und einem grandiosen Blick auf die Insel Nonnenwerth, den vielbesungenen Rhein und das Siebengebirge.

Kaum hatten wir nach einer ausgiebigen Vesper unser Auto bestiegen, entdeckten wir nach nur wenigen Minuten zwei Parkbänke unter einigen Linden. Neugierig hielten wir, und waren sprachlos. Vor uns lag das sonnenverwöhnte Mittelrheintal, malerisch eingebettet vom Siebengebirge mit Drachenfels, der Drachenburg und dem Hotel Petersberg auf der einen und den Ausläufern der Vulkaneifel auf der anderen Seite. Eine Aussicht, die man sicher so schnell nicht vergisst. Dass es sich hier um die einstige Richtstätte des Ortes Mehlem handelte, konnten wir einigermaßen verblüfft der Tafel auf einem Felsbrocken entnehmen…

Foto und Text: Michael Usadel

Erstmals erschienen im „Schleidener Wochenspiegel“ unter der Rubrik „Schon mal dort gewesen?“.

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