Colmar/Elsass

Berühmt ist sie ja, die Elsässer Weinstraße. Ein bezaubernder Winzerort reiht sich an den nächsten, gleich den Perlen einer kostbaren Kette. Und mittendrin Colmar, die Elsässische Weinhauptstadt. Schon länger hatten meine Frau und ich die märchenhaft anmutende Stadt auf unserem Plan und freuten uns jetzt auf einen Sightseeing-Bummel durch diesen historischen 1.200 Jahre alten Ort.

Unvermittelt hatten wir sie vor uns: Die Freiheitsstatue der Vereinigten Staaten von Amerika. Sie steht stadteinwärts von Colmar, auf der Route de Strasbourg, mitten in einem Kreisverkehr. Lediglich 12 Meter groß, aber doch eindrucksvoll, ist sie dem Sohn der Stadt, dem Bildhauer Frédéric Auguste Batholdi gewidmet. Er war es nämlich, der die große Schwester in Amerika erschaffen hat. Nach diesem ersten Eindruck erreichten wir auch schon bald den Parkplatz an der Rue des Ancétres, von dem es nur wenige Gehminuten bis zur Innenstadt sind.

Meinen Fotoapparat im Anschlag, begannen wir unsere Tour durch die pittoreske Altstadt mit ihrem Labyrinth aus Sträßchen und Gassen. Wir wussten nicht, wohin wir zuerst schauen sollten. Wunderschöne, liebevoll restaurierte Fachwerkhäuser und prächtige Patrizierhäuser wechseln sich ab mit kunstvoll hergerichteten Bürgerhäusern, allesamt meist aus dem 15. oder 16. Jh. Wir kamen aus dem Staunen nicht heraus. Dass uns das Koifhus, das ehemalige Zollhaus, direkt ins Auge stach, lag an seinem außerordentlich bunten Dach. Das älteste Gebäude der Stadt ist aber auch sonst dominant in seiner gotischen Bauweise und seinen Erweiterungsbauten im Stil der Renaissance.

Überhaupt, die Altstadt ist sehr bunt. Traditionell war jedem Handwerk eine Farbe zugeordnet, die sich an den Häuserfronten widerspiegelte. So sind viele der Gebäude, oftmals im Überschwang mit Blumen geschmückt, unterschiedlich farbenfroh. Und dem Baustil angepasst, hängen mancherorts kunstvoll geschmiedete Zunftsymbole über den Ladentüren. Hübsche Laternen geben dieser Kulisse eine noch dekorativere Note. Dazu säumten gemütliche Cafés und stilvolle Restaurants unseren Weg. Meine Kamera glühte!

Viele Sehenswürdigkeiten der Altstadt drängeln sich in einem Bereich von etwa 500 Metern um das Wahrzeichen von Colmar, die St. Martinskirche, herum. Was lag näher, uns dieses Münster aus dem 13. Jh. einmal aus der Nähe anzuschauen. Eine gotische Kirche mit einer späteren Erneuerung des Glockenturmes, wieder im Stil der Renaissance, empfing uns. Wir waren beeindruckt von diesem gewaltigen Sakralbau, mit seinem gut 70 Meter hohen Turm, seinem imposanten Mittelschiff und der aufwendigen Glasmalerei.

Tatsächlich, egal wohin man schaut, die Renaissance hat überall in der Altstadt ihre schönen, bleibenden Spuren hinterlassen. So standen wir auf dem Place de la Cathédrale und konnten uns nicht sattsehen an den wunderbaren Fassaden der ehem. Polizeiwache oder dem Adolph Haus mit seinen gotischen Fenstern, oder dem Bartholdi- und dem Schokoladenmuseum. Apropos Museum: Bei unserem nächsten Besuch werden wir uns im Unterlinden-Museum den Isenheimer Altar und im Museum der Dominikanerkirche Martin Schongauers Werk „Die Madonna im Rosenhag“ anschauen. Auch das Pfister Haus war nicht zu übersehen. Grandiose Erker und Türmchen zieren dieses altehrwürdige Gebäude. Darüber hinaus erfährt das Haus eine ganz besondere Note durch seine Wandmalereien über weltliche und biblische Themen. Klar, dass wir auch das Haus der Köpfe sehen wollten. Als Tourist mit dem Stadtplan in der Hand und suchendem Blick leicht erkennbar, machten wir uns auf den Weg. Das Bild mussten wir dann aber erst einmal verarbeiten: Auf uns schauten mehr als 100 Kopfskulpturen von einer fast schon überladenen, vielleicht aber doch schönsten, Renaissance-Fassade herab. Unglaublich. Was die von uns hielten, wollten wir gar nicht wissen.
Durch ein weiteres reizendes Kleinod, dem kunstvoll restaurierten Gerberviertel mit seinen etwas höheren Fachwerkhäusern, schlenderten wir zu unserem nächsten Ziel, der Markthalle. Alles, was das Land ringsum hergibt, wird angeboten: Fleisch, Fisch, Obst, Gemüse, Käse oder Brot und Kuchen. Das reinste Schlaraffenland.
Und gleich hinter der Markthalle erblickten wir die Lauch. Am Ufer dieses gemütlichen Flusses bummelten wir, die Quai de la Poissonnerie entlang, zu einem weiteren Höhepunkt: dem „La Petite Venise“. Was hatten wir über den malerischen Stadtteil schon Schwärmerisches gelesen. Und doch hielten wir beim Anblick dieses kleinen Paradieses den Atem an. Schöner geht nicht! Historische, bildhübsche, von Bäumen beschattete Fachwerkhäuser rechts und links der Lauch verzauberten uns mit ihrem Charm. Und die üppig mit Blumen geschmückte Pont Saint-Pierre vervollständigte dieses einzigartige Ensemble. Fast wie bestellt fanden wir einen Platz auf einer Gartenterrasse eines kleinen Restaurants direkt am Ufer und konnten von dort aus als kleine künstlerische Zugabe einige Touristen beobachten, die sich von schmucken Holzbarken, ähnlich den Gondeln in Venedig, über die Lauch fahren ließen. Solch eine Atmosphäre findet man sonst nur im Märchen – oder im Bilderbuch!

Bei einem aufmerksamen Ober bestellten wir einen vorzüglichen Flammkuchen und dazu einen trockenen, edlen Elsässer Riesling. Dieser wunderbare Tag fand einen wunderbaren Ausklang.

Mit den Elsässern stoßen wir gerne an und wünschen gute Gesundheit,
S´gelt!

Foto und Text: Michael Usadel

Erstmals erschienen im „Schleidener Wochenspiegel“ unter der Rubrik „Schon mal dort gewesen?“.

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