Kaiserstadt Speyer

Eine Erzählung von Michael Usadel

Rheinland-Pfalz ist ein Land der Superlative. Beispiele gefällig? Das Bundesland wartet auf mit Deutschlands meisten Burgen – über 500 Stück – und nennt Deutschlands größtes Waldgebiet und Deutschlands größtes Weinanbaugebiet sein Eigen. Trier – Deutschlands älteste Stadt, liegt ebenfalls in Rheinland-Pfalz und mit dem Dürkheimer Wurstmarkt feiern die Pfälzer das größte Weinfest der Welt. Zudem ist der Kaiserdom zu Speyer die größte romanische Kirche der Welt. Und nur am Rande sei noch erwähnt, dass in Speyer die längste Bratwurst der Welt mit immerhin knapp 6 Kilometer Länge gebraten wurde … Und so reisten wir nach Speyer. Nein, nicht der Bratwurst wegen, die Dom- und Kaiserstadt hatten es meiner Frau und mir angetan.

So um 10 v. Chr. hat wohl eine römische Militäreinheit eine kleine Anhöhe am Rhein für bestens geeignet gehalten, die Grenze des Römischen Reiches mit einem weiteren Wachposten zu sichern. Erst schlug man Zelte auf, dann baute man Hütten, dann Häuser und heute, mehr als 2000 Jahre später, präsentiert sich eine stolze, historisch wertvolle und sehr charmante Stadt dem Besucher.

Natürlich galt unsere ungeteilte Aufmerksamkeit zunächst einmal dem mächtigen Kaiserdom. Die 1000 Jahre alte ehrfurchtsvolle Kirche – damals die größte der Welt – ist Speyers Wahrzeichen. Und so gewaltig, wie sie von außen wirkt, so gewaltig ist sie auch von innen. Dem Deckengewölbe, dem Himmel gleich, strecken sich riesige Säulen entgegen. Die Wände, unterbrochen von Fenstern und riesigen Bildern, verlieren sich fast in der Kuppel. Ebenso beeindruckend ist auch die Hallenkrypta mit ihren mächtigen Pfeilern und der Reichsgrablege. Spätestens hier, in der Stille der Totenruhe, hegt man schon mal Gedanken über Anfang und Ende … In diesem imposanten Dom gaben sich dann auch Kaiser und Könige gerne die Portalklinke in die Hand. Viele von ihnen wurden hier gekrönt und acht von ihnen standesgemäß beigesetzt. Der Dom war quasi Statussymbol – vor dem Tod, wie nach dem Tod. Glück hatte da Kaiser Heinrich IV. Vor seinem Ableben lag er mit der Kirche über Kreuz. Und die zierte sich dann auch tatsächlich mehrere Monate, ehe der Leichnam doch noch im Dom beigesetzt werden durfte.

Etwas versonnen nach so viel Kirche, tauchten wir ein in die Maximilianstraße, der Flaniermaile von Speyer. Geschäfte, Boutiquen, Cafés, Restaurants, Eisdielen schmiegen sich hier aneinander und holten uns schnell zurück in die Gegenwart. Gepflegte Patrizier- und Jugendstilhäuser, schmucke Fachwerkbauten sowie kunstvoll restaurierte historische Gebäude prägen das gesamte Bild dieser Prachtstraße. Sie erstreckt sich, ca. 650 lang und mit übergroßen Blumenkübeln liebevoll dekoriert, vom Dom bis zum Altpörtel, einem der höchsten mittelalterlichen Stadttore Deutschlands. Auf dieser großartigen „Via Triumphalis“ bestaunten wir so wunderschöne barocke Bauwerke wie die alte Münze und das historische Rathaus. Ja, und dann hörten wir ihn: Den Dialekt! Ein nettes Gespräch mit einem hilfsbereiten Passanten ließ uns verwirrt zurück. Deutsch, französisch und vielleicht ein längerer Frühschoppen, alles zusammen gab ein sprachliches Gemisch, dem wir nun wirklich kaum folgen konnten. Schön, dass es so etwas noch gibt. Folgt man der markierten Route im Plan des städtischen Flyers, so trifft man auf die schönsten und interessantesten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Wir besichtigten u. a. den fast 1000 Jahre alten Judenhof – ein Weltkulturerbe – und die stattliche, neugotische Gedächtniskirche mit dem höchsten Kirchturm der Pfalz, erbaut in Erinnerung an den Protestantismus. Unser Stadtplan führte uns zum Schluss auf die kleine Sonnenbrücke, der ältesten Brücke Speyers. Hier kannte mein Foto-Enthusiasmus keine Grenzen. Die Altstadt, der Dom und wunderschöne Fachwerkhäuser machten diesen Ort für mich zum grandiosen Hotspot.

Am nahen Rheinufer beendeten wir unsere Sightseeing-Tour. Dort schlenderten wir durch den sehr schön angelegten Domgarten zum Helmut-Kohl-Ufer, der dekorativen Uferpromenade. Bei einem hervorragenden Glas Riesling in einem der gemütlichen Gasthöfe ließen wir den Tag mit seinen vielen neuen Eindrücken glücklich und zufrieden ausklingen.

Foto und Text: Michael Usadel

Erstmals erschienen im „Schleidener Wochenspiegel“ unter der Rubrik „Schon mal dort gewesen?“.

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