Mendig

Immerhin 28 Brauereien hatten Mitte des 19. Jahrhunderts in Mendig ihre Heimat bei gerade einmal 2.600 Einwohnern. So eine Brauereidichte war seinerzeit weltweit einmalig und sorgte im Ort wahrscheinlich für manch fröhliche Runde. Der Grund für dieses enorme Gedränge lag de facto 32 Meter (!) unter der Erde. Aber davon später mehr…

Im Vulkan-Museum, dem Herzstück des Deutschen Vulkanismus, begrüßten mich sehr freundliche Mitarbeiterinnen. Ihrem Rat folgend habe ich mir in diesem außergewöhnlich interessanten Museum zuerst eine multimediale Vorführung angeschaut. In dieser 4D-Show dann aber einen Vulkanausbruch mit all´ meinen Sinnen so live wahrzunehmen, faszinierte und beeindruckte mich gleichermaßen. Die Luft zitterte, der Raum vibrierte, warmer Wind umwehte mich, beinahe körperlich spürte ich diese ungeheuren, zerstörerischen Kräfte der Natur. Fast eine apokalyptische Szenerie.

Die darüber liegende Vulkanwerkstatt war nicht weniger spannend. An zehn verschiedenen Experimentalstationen erfährt man sehr viel über unsere Erde und die verschiedensten vulkanischen Gesteine. Mit Spezialkameras kann man den Gesteinsbrocken dann die letzten mineralischen Geheimnisse entlocken. Andere Steine braucht man nur zu berühren, und schon erzählen sie die Geschichte ihrer Entstehung während eines Vulkanausbruches. Und im Rund-Kino erschaudert man bei der Vorstellung, was so alles passiert, wenn der Laacher See-Vulkan wieder ausbrechen würde. Immerhin hebt und dehnt sich die Erde in der Osteifel und es brodelt in ihr. Experten gehen davon aus, dass der Vulkan zwar „schläft“, aber ein Ausbruch in etwa 1.000 Jahren durchaus denkbar ist…

Ein weiterer Höhepunkt meiner Exkursion war die ca. einstündige Besichtigung der Lavakeller. Eine kompetente Gästeführerin begleitete eine kleine Besuchergruppe, der ich mich angeschlossen hatte, in die Mendiger Unterwelt. 148 Stufen führten uns hinab in den einstmals größten Kühlschrank der Welt mit einer konstanten Temperatur von etwa 8° Celsius. (Für Fußkranke gibt es einen Aufzug) Mendig ist quasi unterhöhlt von Gängen, Kammern, Stollen und riesigen Hallen mit einer Gesamtfläche von ca. 3 km². Das entspricht in etwa 390 Fußballfeldern! Dieses Labyrinth entstand im Laufe der letzten 600 Jahren durch den Abbau von Basaltgestein, dem erkalteten Lavastrom des Laacher-See-Vulkans vor ca. 13.000 Jahren. In der Hauptsache produzierte man im größten Basaltuntertagebaubergwerk der Welt bis ins Jahr 1966 allseits begehrte Mühlsteine. Diese wurden durch viele Schächte mittels Winden hinaufbefördert. Ein Weg, den sich die angesiedelten Brauereien für die kühle Lagerung ihrer Biervorräte in den Felsenkellern zu Nutze machten. Mit der Erfindung der Kältemaschine Ende des 19. Jh. waren die Bierbrauer dann aber nicht mehr an Mendig gebunden und zogen lieber in die Nähe ihrer Kunden. Einzig die Vulkan Brauerei ist vor Ort geblieben und erfreut ihre Besucher mit Gasthaus und Biergarten. Inzwischen teilen sich im Sommer Besucher und im Winter Fledermäuse die Lava-Keller.

Zum Schluss machte ich noch einen Bummel durch die Museumslay. Ein kleines Freilichtmuseum, welches mir die Arbeitsweisen im Bergwerk, in der Schmiede und im Steinmetzbetrieb vergangener Zeit sehr anschaulich näherbrachte. Grubenkran, Steinmetzhütte, Minenschmiede, Grubenbahn mit Loren, Maschinen und Werkzeuge sowie Skulpturen geben Zeugnis von einer sehr beschwerlichen Arbeit. Auch ein Nachbau eines Göpelwerkes, einer durch Pferdekraft betriebenen Winde, mit der die schweren Mühlsteine ans Tageslicht befördert wurden, gehört zur Ausstellung.

Mein Ausflug in das Land der Vulkane war ein Volltreffer. Ein spannendes und informatives Abenteuer. 

Foto und Text: Michael Usadel

Erstmals erschienen im „Schleidener Wochenspiegel“ unter der Rubrik „Schon mal dort gewesen?“.

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