
Die wohlhabenden Limburger Kaufleute rauften sich Mitte des 14. Jh. die Haare. So etwas hatte es noch nicht gegeben. Der bisher bestens florierende Warenverkehr auf dem durch Limburg führenden stark frequentierten Handelsweg, der „Hohen Straße“ war weitgehend zum Erliegen gekommen. Die Fuhrleute streikten. Gut, Überfälle auf der Handelsstraße durch den Taunus gab es immer wieder mal. Aber der berüchtigte Raubritter Friedrich von Hattstein machte bei den Fuhrwerken kaum mehr eine Ausnahme. Der Not gehorchend boten die Kaufleute dem hünenhaften Ritter bei seinem Besuch in ihrer Stadt an, für 32 Goldgulden den Posten des Stadthauptmannes zu übernehmen. Zum einen brauchte man eine starke Hand in der Stadt und zum anderen würden dann ja wohl die Überfälle ein schlagartiges Ende finden. Ritter von Hattstein schimpfte die Kaufleute geizige Pfeffersäcke, lehnte ab und machte sich auf den Rückweg. Als man ihm aber unterwegs Kund tat, dass sein Heim gerade vom bisherigen Eigentümer zurückerobert worden und seine Gefährten tot seien, machte er nach kurzer Überlegung kehrt, übernahm das Amt des Stadthauptmannes doch und sorgte, stets einen gut gefüllten Rotweinkrug zur Hand, fortan für Ruhe und Ordnung. Nach sechs guten und erfolgreichen Jahren, in denen er zuweilen schon einmal ein 150-Literfass des edlen Rebensaftes hoch über den Kopf hob, verlor er sein Leben bei einer Schlacht vor den Toren der Stadt gegen die verhassten Ritter von Reifenberg. Der Hattstein-Brunnen in der Altstadt, gerne im Volksmund auch Säuferbrunnen genannt, erinnert augenzwinkernd an diesen trinkfesten rauen Gesellen.
Immer, wenn meine Frau und ich über die A 3 auf der Lahntalbrücke Richtung Frankfurt unterwegs waren, viel unser Blick auf den Limburger Dom. Und immer wieder beschlossen wir, uns die Stadt Limburg einmal von Nahem anzuschauen. An einem sonnigen Apriltag machten wir uns dann auf die knapp zweistündige Autofahrt und wurden mit wunderbaren Eindrücken belohnt.
Natürlich begannen wir unseren Rundgang durch die Stadt mit dem Hohen Dom zu Limburg, der mit seinen sieben Türmen nun wirklich nicht zu übersehen ist. Und gleich hier hatten wir schon ein erstes schönes Erlebnis. Kaum hatten wir den Dom betreten, kam eine freundliche Ordensschwester auf uns zu und bot uns völlig selbstlos mit einem gewinnenden Lächeln eine ganz private Führung durch „ihre“ Kirche an. Wir erlebten eine interessante Stunde und erfuhren unendlich viel über das historische Gotteshaus. Der knapp 800 Jahre alte Georgs-Dom ist vielleicht in seiner Grundfläche gar nicht so üppig, dafür aber ist der mittlere der sieben Türme immerhin 66 m hoch. Die in nur rund 20 Jahren errichtete Kathedrale mit ihren 10 Bronzeglocken zeigt romanische wie gotische Bauformen. Neben Radfenstern, Rosetten, Rund- Spitz und Blendbögen und anderen sakralen Elementen zieren Wände und Decken dieser dreischiffigen Basilika wunderschöne, ausdrucksstarke Wandmalereien. Schmückte der Dom seinerzeit bereits den 1.000 DM-Schein, so gab die Dt. Post eine Briefmarke mit demselben Motiv heraus, welche vom Weltpostverein zur schönsten Briefmarke der Welt gekürt wurde. Nach einem sehr beeindruckenden Rundgang verabschiedeten wir uns herzlich von der Ordensschwester und wandten uns mit einem Blick auf den Innenhof des gleich hinter dem Dom liegenden Schlosses wieder den weltlichen Dingen zu.
Limburg, urkundlich erstmals vor ca. 1.100 Jahren erwähnt, ist ein Ort mit außergewöhnlicher Geschichte und einer sehenswerten Altstadt. Beim Anblick dieser unzähligen wunderschönen Fachwerkhäuser verstanden wir, dass die Stadt bedeutender Teil der „Deutschen Fachwerkstraße“ ist. Von der Tourist Information hatten wir u. a. einen kleinen Stadtplan mit dem Vorschlag eines Rundganges durch die Altstadt bekommen. Das war sehr hilfreich, konnten wir doch so die wichtigsten historischen Baudenkmäler nicht verfehlen. Wir schauten uns das Gotische Hallenhaus an, in das man, typisch für die Handels- und Handwerkshäuser, gleich mit dem Pferdefuhrwerk hineinfahren konnte. Das „Haus der sieben Laster“ besticht durch seine skurrilen, sinnbildlichen Schnitzereien auf den Balkenköpfen. Das Haus „kleine Rütsche 4“ gehört zu den ältesten Häusern der Stadt, ist dreigeschossig und wurde an der engsten Stelle des ehemaligen Handelsweges Köln-Frankfurt aus Platzmangel mit überstehendem zweitem Stockwerk errichtet. Durch etliche Gassen, Plätze und Sträßchen, gesäumt von liebevoll gepflegten Fachwerkhäusern, vorbei an Cafés und urigen Gasthöfen, führte unser Weg zur alten Lahnbrücke. Diese bald 700 Jahre alte Bogenbrücke war ein Nadelöhr auf dem Handelsweg Antwerpen – Byzanz. Wer hinüber wollte, musste Brückenzoll bezahlen. Übrigens – bis zum Jahre 1905! Dank der Weitsicht der Stadtväter kam Limburg so zu Wohlstand und Ansehen. Mitten auf der Brücke flussaufwärts steht auf der Brüstung die Statue des Heiligen Nepomuks. Uns eröffnete sich ein gigantisches Fotomotiv. Vorne der Nepomuk, dahinter die Lahn und hoch auf dem Felsen der Dom. Unglaublich schön!
Entlang des Lahnufers spazierten wir dann bis zu einer alten Mühle, in der wir bei einer kleinen Vesper und dem schönen Blick auf die Lahn mit seinen Lahntalschiffen den Tag ausklingen ließen.
Erstmals erschienen im „Schleidener Wochenspiegel“ unter der Rubrik „Schon mal dort gewesen?“.