Hoorn, eine kleine Hafenstadt in den Niederlanden, hat es zu einem gewissen Bekanntheitsgrad gebracht. Im Jahre 1633 wurde hier nämlich ein Haus für sage und schreibe drei (!) Tulpenzwiebeln verkauft. Und das kam so: Die begüterten Bürger in den Niederlanden, der damals wohlhabendsten Handelsmacht der Welt, schmückten sich gerne mit den schönen Dingen des Lebens. Und wer schon alles hatte, nannte bald besonders prächtige Tulpen sein Eigen. Die aus dem Orient importierten Pflanzen übten eine große Faszination aus und wurden zusehends zum neuen Attribut der führenden Klasse. Die Nachfrage, und damit die Preise, stiegen rasant. Händler schossen wie Pilze aus dem Boden und erzielten schwindelerregende Gewinne. Besondere Tulpenzwiebeln, wie z. B. die „Semper Augustus“, wurden, wie selbstverständlich, zum 150-fachen des damaligen Goldpreises gehandelt. Das sprach sich herum und bald spekulierte arm und reich mit den Zwiebeln, verschuldete sich dafür abgrundtief und wähnte sich kurz vor dem Ziel seiner Träume. Bis zum unheilvollen 05. Februar 1637. Der Handel bei einer Versteigerung in Haarlem stockte. Alles hielt den Atem an. Niemand kaufte. Die Sache war buchstäblich heiß gelaufen, der Zenit überschritten. Dieses unerhörte ruinöse Gebaren ging wie ein Lauffeuer durchs Land. Binnen weniger Tage sackte der Wert der Tulpenzwiebeln ins uferlose. Das war dann auch zweifelsfrei die Geburtsstunde der ersten Spekulationsblase der Weltgeschichte. Das reiche Land wankte. Und nur durch seinen schnellen und konsequenten Eingriff in die Marktwirtschaft konnte eine drohende Verarmung der Bevölkerung verhindert werden. Bis heute hat sich offensichtlich nichts geändert…
Den Anfang in der Geschichte des Keukenhofs, zu Deutsch Küchengarten, machte im 15. Jh. die Gräfin von Holland, Jakoba von Bayern, in ihrem Schloss Teylingen. Gerne erntete sie Salate, Kräuter und Gemüse im eigenen Schlossgarten. Das erst später, im 17. Jh. errichtete zweite Schloss erhielt dann auch den Namen Keukenhof und ist für sich genommen ebenfalls einen Besuch wert. Dieses edle Herrenhaus umgibt eine sehenswerte Parkanlage mit vielen Skulpturen von besonderer Schönheit.
Und immer noch sind die Niederländer tulpenverliebt. Das erlebten meine Frau und ich anschaulich im Keukenhof. Aus dem Staunen kamen wir nicht mehr heraus. Im größten Blumengarten der Welt, auf einer Fläche von 32 ha, sind, seit 1959 für die Öffentlichkeit zugänglich, mehr als 7 Millionen Blumen zu besichtigen. Natürlich überwiegend die betörend schönen Tulpen. Ca. 100 Züchter stellen ihre weiterveredelten Bestseller, wie in einem überdimensionalen Schaufenster, vor. Wir schlenderten durch eine kaum zu beschreibende Parkanlage, die in ihrer liebevollen und künstlerischen Gestaltung ihres Gleichen sucht. Verschlungene Wege unter uraltem Baumbestand, umsäumt von malerischen Blumenbeeten, mal als Flecken, mal als bewundernswert gestaltete Bahnen. Und diese Kunstwerke werden immer wieder unterbrochen von kleinen Seen mit Wasserfontänen und stillen Bachläufen. Meine Bilder sprechen für sich. Ein Fest für die Sinne und ein Highlight für Blumenliebhaber und Fotografen. Geöffnet ist der Park von Ende März bis Mitte Mai. Neben Bootstouren und kundigen Führungen gibt es für Kinder Spielplätze und reichhaltige Programme. Natürlich ist auch für das leibliche Wohl umfassend gesorgt. Unser Besuch in diesem verschwenderischen Blumenparadies hat unsere Erwartungen weit übertroffen und war die Reise allemal wert. Chapeau!
Erstmals erschienen im „Schleidener Wochenspiegel“ unter der Rubrik „Schon mal dort gewesen?“.