Boppard

Mit seinen 1.320 km ist der Rhein einer der längsten Flüsse Europas und obendrein die meistbefahrene Wasserstraße der Welt. Und außer Frage steht, dass Vater Rhein mit seinen wunderbaren Flusslandschaften auch noch der schönste Strom der Welt ist. Ungefähr auf der Hälfte seines Weges zur Nordsee, am Mittelrhein, liegt Boppard. Wie dieses hübsche Städtchen zu seinem hervorragenden Wein gekommen ist, möchte ich nachfolgend erzählen. Sie wissen ja: In vino veritas!

Wir schreiben das Jahr 366 n. Chr. Der Römische Kaiser Valentinian I. beschließt, den Oberrhein als Bollwerk gegen die grimmigen Germanen besser zu sichern. Ein strategisch hervorragender Platz für ein Kastell ist dabei das Mühltal an der großen Rheinschleife. Dort wird die bis an die Zähne bewaffnete Bastion Bodobrica errichtet. Doch schon bald macht sich ein bedeutender Nachteil bemerkbar: Will man etwa dem Weingott Bacchus huldigen oder auch sonstige Feste feiern, muss man den dafür ohne Frage notwendigen Wein in schweren Amphoren über die Alpen heranschaffen. Logistisch stets eine Herausforderung. Und so lässt – glaubt man den Überlieferungen – der Lagerpräfekt „Vinothekus“, Sohn einer römischen Winzerfamilie, Rebstöcke aus der Heimat kommen und beginnt mit dem Weinanbau in unmittelbarer Nähe des Kastells. Heute ist, den Römern sei Dank, aus diesem Wingert der „Bopparder Hamm“ geworden mit der größten zusammenhängenden Rebfläche am Mittelrhein.

Für unseren Tripp nach Boppard sind wir die Deutsche Alleenstraße – die B 42 – ab Koblenz ca. 20 km rheinaufwärts bis zur Fähre in Filsen gefahren. Vormittags, mit der Sonne im Rücken, hatten meine Frau und ich vom Fähranleger aus, einen prächtigen Blick auf die Stadt. Nach nur wenigen Minuten Fährfahrt parkten wir unser Auto an der Kaiser-Friedrich-Str. Der anschließende Bummel durch die gepflegten Rheinanlagen und über die Rheinuferpromenade bis zur Kurfürstlichen Burg war ein gelungener Auftakt. Diese schmucke Festung aus dem 13. Jh. sorgte einst für den einträglichen Rheinzoll und beherbergt heute das Stadtmuseum, u. a. mit einer Ausstellung der zu Weltruhm gelangten gebogenen Bugholzstühlen. Auf der bemerkenswert hübschen Promenade mit vielfältiger Terrassengastronomie genossen wir mit Blick auf die Rheinschifffahrt und im dankbaren Andenken an die Römer ein hervorragendes Glas Riesling. Unser Weg führte uns dann durch historische Gassen, vorbei an der gotischen Karmeliterkirche aus dem 14. Jh., über die Oberstraße zum Zentrum von Boppard, dem Marktplatz. Dieser Platz ist umgeben von mittelalterlichen giebelständigen Bürger- bzw. Fachwerkhäusern und lädt mit seinen gemütlichen Cafés und Restaurants zum Verweilen ein. Das bezaubernde Bild wird vervollständigt durch die zweitürmige romanische Pfarrkirche St. Severus aus dem 13. Jh. Kein Wunder, dass Boppard, mitten im UNESCO Welterbe Oberes Mittelrheintal, gerne auch die „Perle der Muschel“ genannt wird. Für den Nachmittag hatten wir uns noch, jetzt auch wieder mit der Sonne im Rücken, den berühmten „Vierseenblick“ aufgehoben. Mit dem Sessellift schwebten wir hinauf zum Gedeonseck und wurden belohnt von einem grandiosen Blick auf die schönste und größte Flussschleife des Rheins. Und nur wenige Gehminuten entfernt standen wir vor einem Phänomen: Der Rhein wird teilweise verdeckt von verschieden hohen Hügeln, so dass er nur vier Mal mit kleinen Abschnitten hervorlugt. Wüsste man es nicht besser, würde man glauben, vier wunderbar blaue Seen entdeckt zu haben. Ein unvergleichlich schöner Aussichtspunkt.

Mit so vielen traumhaften Eindrücken im Gepäck machten wir uns glücklich und zufrieden, jetzt aber unmittelbar über die A 61, auf den Heimweg.

Foto und Text: Michael Usadel

Erstmals erschienen im „Schleidener Wochenspiegel“ unter der Rubrik „Schon mal dort gewesen?“.

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