Bad Ems

Kaiser Wilhelm I., König Georg IV. von England, König Ludwig I. von Bayern und Zar Nikolaus I., um nur einige zu nennen, kurten im 19. Jh. in Bad Ems und machten die idyllische Stadt bald zu einem mondänen Kaiserbad. Ungekrönt, aber nicht weniger berühmt, waren Gäste, wie z. B. Goethe, Jacques Offenbach, Richard Wagner, Dostojewski oder Victor Hugo. Und alle schworen schon damals auf die 15 Thermal- und Heilquellen. Klar, dass sich diese Berühmtheiten nach der täglichen Kuranwendung erholen mussten. Also lustwandelte man, eine Emser Pastille lutschend, im nahegelegenen Kurpark inmitten des schaulustigen Volkes, welches sich zahlreich vor Ort einfand.

Nur wenige Kilometer hinter Koblenz zwischen dem Westerwald und dem Taunus liegt das Städtchen Bad Ems. Und die Lahn fließt gemächlich mittendurch. Wir waren beeindruckt von dieser kaiserlichen Bäderkultur und den spektakulären Barockbauten. So schön hatten meine Frau und ich uns die kleine Stadt überhaupt nicht vorgestellt. Kein Wunder, dass die UNESCO den Kurort 2021 als Teil der „Great Spa Towns of Europe“ in die Welterbe-Liste aufgenommen hat.

Wir begannen unseren Bummel am Kurhaus. Einem prunkvollen, neobarocken Schloss, in dem schon Kaiser Wilhelm I. logierte. Heute ist dieses ehrbare Haus zum Grand-Hotel geworden und ganz sicher das eindrucksvollste Gebäude der Kurstadt. Entlang der gepflegten und mit Blumen geschmückten Lahnpromenade, vorbei am im Rokokostil gehaltenen Kurtheater sowie dem historischen Marmorsaal mit seinen wunderschönen Wandmalereien und den opulenten Säulen aus Lahn-Marmor, erreichten wir das Spielkasino. Dem lasterhaften Glücksspiel frönte man, behördlicherseits natürlich mit einer Gebührenordnung (!) versehen, bereits seit 1720. Beeindruckend war unser kleiner Abstecher mit der Kurwaldbahn auf die Bismarckhöhe. Mit einer Steigung von 78 % eine der steilsten Standseilbahnen der Welt. Nach nur wenigen Minuten hatten wir einen grandiosen Ausblick über die Kurstadt. Wieder unten im Park entdeckten wir die Karlsburg. Ein sehr schönes, leider nicht von innen zu besichtigendes historisches Stadtschloss mit vier Türmen. Und kaum einen Steinwurf weiter steht die St. Martinskirche in ihrem schlanken neugotischen Stil. Wir wechselten dann über die Kaiserbrücke das Lahnufer und schlenderten langsam, noch eine besondere Kirche im Auge, wieder zu unserem Ausgangspunkt zurück. Der großen Zahl russischer, äußerst vermögender, Prominenz geschuldet, gestatteten die Stadtväter 1876 den Bau einer russisch-orthodoxen Kirche. Mit ihren vier blauen Kuppeln und der fünften großen goldenen sowie den vielen Ikonen und dem Barockstyle im Inneren ist St. Alexandra ein durchaus bemerkenswertes Gotteshaus. Vorbei an liebevoll gepflegten Patrizierhäusern und den schmucken Ausflugsschiffen auf der Lahn ließen wir unsere Sightseeing-Tour mit einem Besuch in einem der vielen gemütlichen Cafés ausklingen.

Ist der Kurort eigentlich zuständig für Herz, Gefäße, Kreislauf, Bewegungsorgane und Atemwege, für uns hatte er auch etwas für die Seele.

Foto und Text: Michael Usadel

Erstmals erschienen im „Schleidener Wochenspiegel“ unter der Rubrik „Schon mal dort gewesen?“.

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