Meine Frau und ich planten einen Ausflug zum immerhin höchsten (!) Kaltwassergeysir der Welt. Einige Tage zuvor hatte ich telefonisch die Eintrittskarten im Geysir-Zentrum in Andernach bestellt. Alleine dieses herzerfrischende, freundliche und aufschlussreiche Telefonat ließ uns auf ein tolles Abenteuer hoffen. Und so war es dann auch. Vom Parkplatz direkt am Rhein bis zum Museum waren es nur wenige Minuten. Hilfsbereite Damen wiesen uns, nach einem leckeren Cappuccino in der hauseigenen Kaffee-Bar, den Weg in die vulkanische Unterwelt. Und dort erlebten wir schier Unglaubliches! Wir begaben uns mittels eines recht betucht aussehenden Fahrstuhls, mit durchaus mulmigem Gefühl, auf eine Entdeckungsreise ca. 4000 m unter der Erde. Nun ja, das Ganze spielte sich in Wahrheit nur ein Stockwerk tiefer ab, war dafür aber atemberaubend. Lassen Sie sich einfach mal überraschen!
Danach ging es mit einem Passagierschiff zum Geysir. Es war schon beeindruckend, wie, beginnend mit einem lauten Zischen und Rauschen, aufgestaute Kohlensäure eine ca. 60 m hohe Wasserfontäne aus dem Brunnen herauspresst. Und das, später zwar abgeschwächt, bald zehn Minuten lang. Viermal am Tag. Noch völlig beeindruckt von diesem kraftvollen Spektakel brachte uns das Schiff wieder zum Ausgangspunkt zurück. Damit endete gegen Mittag der erste Teil unseres Streifzuges durch Andernach.
Für den französische Schriftsteller Victor Hugo war Andernach bei seinem Besuch im Jahre 1840 die „Allerliebste Stadt in der kein Baustein ist, der nicht Andenken, keine Wendung der Landschaft, die nicht reine Schönheit wäre. Hier ist Natur, Geschichte und Poesie.“ Die älteste, vielleicht aber auch „nur“ zweitälteste Stadt Deutschlands (man rangelt immer wieder mal darum) erreicht man gut über die „Diplomatenrennbahn“ B 9 am Rhein entlang und hat tatsächlich einiges zu bieten. Ein handlicher Stadtplan empfiehlt einen Stadtrundgang entlang sämtlicher historischer Sehenswürdigkeiten. Und das sind recht viele. Vorbei kamen wir an der spätbarocken Hospitalkirche, der hochgotischen Christuskirche und dem romanischen Mariendom. Allesamt imposante Bauwerke. Staunend blieben wir vor dem geschichtsträchtigen Stadtmuseum stehen. Einem konkurrenzlos schönen Renaissancegebäude mit einem kunstvollen Portalvorbau. Mein Fotoapparat hatte Hochsaison. Ein Highlight folgte dem nächsten. Der „Runde Turm“, stolze 56 m hoch, gilt – wie die Andernacher selbst – als unverwüstlich und wurde so zum Wahrzeichen der Stadt. Der „Alte Kranen“ ist ein weißer, gut erhaltener Turmdrehkran aus dem 16. Jahrhundert und diente, angetrieben durch Kranknechte, der Be- und Entladung von Schiffen. Ein besonderer Blickfang, von der Rheinpromenade aus, ist das Rheintor aus dem 12. Jahrhundert, in welchem zwei große Steinfiguren Wache halten. Nach einem so einzigartigen Stadtbummel gönnten wir uns in einer der schönsten Rheinanlagen des Mittelrheines, inmitten von Blumenrabatten und Springbrunnen, eine ordentliche Verschnaufpause. Schnell kamen wir überein, dass wir sehr bald wieder nach Andernach kommen müssen, weil noch vieles unentdeckt geblieben war. Jetzt aber, begeistert von dem Erlebten und mit der charmanten Aussicht auf ein baldiges Wiedersehen, schlenderten wir zurück in die Altstadt, um in einem der vielen, einladenden Gasthäuser den Tag bei einer guten Mahlzeit ausklingen zu lassen. Bei aller Bescheidenheit, Monsieur Hugo: „Ihrer Schwärmerei schließe ich mich von Herzen gerne an.“
Foto und Text: Michael Usadel
Erstmals erschienen im „Schleidener Wochenspiegel“ unter der Rubrik „Schon mal dort gewesen?“.