Einmal, so erzählt man sich, verschwand Rembrandt spurlos aus Amsterdam. Und da man ihn tot wähnte, begann ein Run auf seinen Bildervorrat. Man überbot sich bei den Preisen und war glücklich, ein Kunstwerk des Meisters erworben zu haben. Nachdem der größte Ansturm vorüber war, kehrte Rembrandt höchst lebendig zurück und freute sich über die gut gefüllte Haushaltskasse. Rembrandt, einer der berühmtesten Künstler aller Zeiten, liebte den Wohlstand und war dem ausschweifenden Leben zugetan. Im Jahre 1669 verstarb er – Ironie des Schicksals – völlig verarmt …
Im 13. Jh. war eine kleine Ansiedlung von Fischerhütten am Fluss Amstel entstanden, die bald durch einen Damm vor Hochwasser geschützt werden musste. Über die Jahre entstand so der Name „Amsterdam“. Der Ort entwickelte sich und erfuhr als Stadt im 16. Jh., dem „goldenen Zeitalter“, einen kometenhaften Aufstieg. Die Niederlande wurden zur globalen See- und Handelsmacht und Amsterdam zum Dreh- und Angelpunkt des Handels. Da der Güterverkehr immer umfangreicher wurde und die Transportwege zu den Lagerhäusern schlecht waren, entschloss man sich Anfang des 17. Jh. zum Bau von Wasserstraßen. Damit löste man auch gleichzeitig das Problem der Entsorgung der Abwässer… Heute hat Amsterdam natürlich eine Kanalisation und die Grachten, mit wieder mäßigem Fischbestand, erhalten durch ein ausgeklügeltes Pump- und Schleusensystem stets frisches Wasser aus dem IJsselmeer. Fast schon eine Touristenattraktion ist, dass mit Kränen ausgestattete Boote jährlich ca. 12.000 Fahrräder aus diesen Grachten angeln.
Meine Frau und ich freuten uns auf eine zweitätige Stippvisite in Amsterdam, der Hauptstadt der Niederlande. Mit sieben Millionen Besuchern jährlich eines der touristischen Highlights Europas, besticht die wasserreichste Stadt der Welt durch ihre vielmals besungenen, insgesamt ca. 100 km langen Grachten. Wir schlenderten die Prinsengracht entlang, einem der halbmondartig, als Gürtel angelegten Wasserwege im Zentrum der Stadt und erreichten bald, vorbei an schmalen und außerordentlich gepflegten, historischen Gebäuden, das Quartier Jordaan, einem Stadtviertel, das man nun wirklich nicht verpassen darf. Liebevoll bemalte, mit Blumen und Pflanzen geschmückte, am Ufer vertäute Hausboote, von denen es in Amsterdam ca. 2.500 Stück (!) gibt, wechseln sich ab mit netten Boutiquen, Cafés, kleinen Museen und phantastischen Giebelhäusern. Bei strahlend blauem Himmel erlebten wir eine überwältigende Altstadtszenerie.
Auf unserem Spaziergang fiel auf, dass die meisten Gebäude schmal und sich manche ein bisschen in Schieflage befanden. Schmal, ein Haus mit zwei Metern wirklich sehr schmal, sind sie deshalb, weil früher die Steuern für die Häuser am Kanal nach der Breite berechnet wurden. Manche dieser Häuserfronten sind absichtlich ein wenig nach vorne gebeugt, damit sperrige Güter mit dem Flaschenzug hinaufgezogen werden konnten, ohne die Fassade zu beschädigen. Wiederum nach rechts oder links neigen sich etliche Häuser deshalb, weil sie im sumpfigen Untergrund auf Pfählen errichtet wurden, die mittlerweile ihre Standfestigkeit verloren haben.
Die Altstadt von Amsterdam ist überschaubar und so war es uns möglich, zu Fuß einen großen Teil der historischen Sehenswürdigkeiten kennenzulernen. Dabei sollte man die vielen Radwege nur sehr vorsichtig queren und diese schon gar nicht als Gehwege benutzen. Denn einer der ca. 880.000 Radfahrer der Stadt taucht stets mit hoher Geschwindigkeit hinter einem auf und ist hörbar genervt von so unachtsamen Zeitgenossen wie mir.
Eigentlich als Rathaus auf mehr als 13.000 Pfählen errichtet, ist der prunkvolle Königspalast eine architektonische Meisterleistung. Reichtum und Ansehen der Stadt sind hier in verschwenderischer Weise zum Ausdruck gebracht worden. Diesen Prunkbau inmitten der Stadt vom Vorplatz aus, dem Dam-Platz, zu fotografieren, gestaltete sich als recht problematisch. Straßenbahnen, Imbissstände, Restaurants, Touristen, Straßenkünstler und vieles mehr gehört zum Bild und will aufs Bild.
Amsterdam, das Venedig des Nordens, hat ca. 1.300 Brücken, von denen die „Magere Brug“ die schönste ist. Auch wir waren fasziniert von diesem Prachtwerk. Mit ihrem weißen Holz und den schwarzen Ketten ist sie ja auch ein Hingucker und öffnet sich noch immer tag- täglich für größere Schiffe. Erst später haben wir erfahren, dass sich Paare, die sich auf der Brücke küssen, für immer zusammen bleiben …
Ein weiteres Highlight ist das älteste Gebäude Amsterdams, die „Oude Kerk“. Ursprünglich im 13. Jh. als katholisches Gotteshaus errichtet, diente sie später dem protestantischen Glauben. Heute wird das imposante gotische Bauwerk für Konzerten und künstlerische Veranstaltungen genutzt. Ein Besuch lohnt sich allemal. Übrigens, die Kirche steht tatsächlich im berühmten Rotlichtviertel. Um den Kirchenbau zu erreichen, schlenderten wir Provinzler etwas sprachlos durch die sündige Meile und bestaunten, quasi einem „Schaufensterbummel“ gleich, das auch tagsüber wohlfeile erotische Angebot.
Eine Grachtenfahrt durch Amsterdam hatten wir uns bis zuletzt aufgespart. Da wir uns die Füße weitestgehend platt gelaufen hatten, war eine Fahrt durch die Kanäle eine wohltuende Alternative. Völlig entspannt, auf weichen Kissen sitzend, lauschten wir unserem Bootsführer, der uns noch viele interessante Geschichten über die Giebelhäuser, Plätze und Brücken, an denen wir vorbeiglitten, zu erzählen wusste. Unser Tripp fand mit dieser Bootstour einen würdigen Abschluss.
Für den Besuch des Anne-Frank-Hauses und der vielen Museen der Stadt, wie z. B. das Rijksmuseum oder das van Gogh Museum, planten wir aus Zeitgründen einen weiteren Besuch in Amsterdam, auf den wir uns schon jetzt freuen.
Erstmals erschienen im „Schleidener Wochenspiegel“ unter der Rubrik „Schon mal dort gewesen?“.