Eifeler Seenplatte/Obersee

Dass ich die Eifel liebe, ist fast schon selbstverständlich. Meine kleinen Reiseberichte erzählen davon. Wandere ich aber durch meine engere Heimat, inmitten der Eifeler Seenplatte, komme ich ins Schwärmen. Diese Seenplatte besteht aus dem Urftsee, der ältesten der drei Talsperren, dem Obersee als Staubecken zum Rursee und dem Rursee als zweitgrößten Talsperre Deutschlands.

Man schreibt das Jahr 1952. Die Dinge spitzen sich zu. Es wird gemunkelt, dass man beabsichtigt, den Rursee aufzustocken. Das würde auch eine neue Höhe des Obersees zur Folge haben. Noch ist der Obersee klein und überschaubar. Seine Ausläufer reichen nicht an Einruhr heran. Die meist bäuerliche Bevölkerung in Einruhr und Pleushütte ist alarmiert und entsetzt. Nazis hatten Land geraubt, der Krieg Häuser zerstört und die Engländer 1946 Land für den Truppenübungsplatz Vogelsang beschlagnahmt. Und nun sollte weiteres Land in den Fluten des aufgestockten Sees verschwinden. Was soll man denn noch alles ertragen? Aber alle noch so energischen Proteste sind erfolglos. Bereits 1958 ist der Paulushofdamm in Rurberg um 14 m aufgestockt. Zwischenzeitlich hat der größte Teil der Menschen die Siedlung Pleushütte verlassen. Die meisten Häuser, einschließlich dem Eisenwerk, werden abgerissen. Dem auf der anderen Seite der Rur liegenden Einruhr geht es kaum besser. Auch hier müssen viele Häuser in der Nähe des Flussbettes dem Wasser weichen. Ebenso die Schule und der Friedhof. Trotzig wird die alte Linde auf dem Schulhof mit dem Bagger ausgegraben und versetzt. Noch im Jahr 1958 wird der Obersee planmäßig geflutet. Er hat nun eine Länge von rd. 5 km, besitzt einen schiffbaren östlichen Seitenarm bis zum Fuße der eindrucksvollen Urftmauer und ein größeres Fassungsvermögen von jetzt ca. 18 Mio. Kubikmeter. In Einruhr erreicht er eine Tiefe von immerhin ca. 7 m. Das alles ist jetzt über 60 Jahre her. Schon bald entstehen in Einruhr und dem verbliebenen Rest von Pleushütte Hotels, Gaststätten und Pensionen. Heute präsentieren sich die Orte in neuer charmanter Anmut. Auch die Linde hat überlebt und zeigt sich in strahlender Schönheit. Die beiden Dörfer sind beliebt, der Fremdenverkehr boomt. Wanderer erkunden den See auf einem ca. 16 km langen, bestens ausgebauten Rundweg. In Einruhr entsteht das Heilsteinhaus. In seinem Innenhof sind Gäste, wie Einheimische herzlich eingeladen, sich kostenlos an der schon zu Römerzeiten beliebten und gesundheitsfördernden Heilsteinquelle die Trinkgefäße zu füllen. Zwei kaum hörbare, elektroangetriebene und bestens bewirtschaftete Fahrgastschiffe bringen nun regelmäßig ihre Gäste nach Rurberg, Einruhr und die Urftmauer. Für meine Frau und mich ist es immer wieder ein Erlebnis, am idyllischen Obersee mit seinem kristallklaren Wasser entlang zu wandern und dann einen Teil des Weges, still und leise dahingleitend, an Bord eines der Schiffe zu genießen. In dieser einzigartigen und faszinierenden Landschaft mit seinen herrlichen Mischwäldern und dieser himmlischen Ruhe, erleben wir Erholung pur. Eine Urlaubsregion, wie sie schöner kaum sein kann.

Foto und Text: Michael Usadel

Erstmals erschienen im „Schleidener Wochenspiegel“ unter der Rubrik „Schon mal dort gewesen?“.

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