Bad Bertrich

Es gibt ihn tatsächlich, den Kurschattensteig. Wir Älteren können uns ja unter einem Kurschatten noch etwas vorstellen. Den Jüngeren unter uns sei gesagt, dass in den frühen 1970-iger Jahren kuscheln in der Kur durchaus häufiger vorgekommen sein soll … Diesen Steig haben wir uns – aber nur von weitem – angeschaut. Immerhin müssen über 300 Höhenmeter bezwungen werden, auf zum Teil recht steilen und abenteuerlichen Pfaden. Amouröse Gedanken auf diesem Weg werden wohl mit zunehmendem Alter des Kurgastes vermehrt in den Hintergrund getreten sein.

Im idyllischen Üssbachtal in der südlichen Vulkaneifel, liegt Bad Bertrich. Ein traditionsreiches Staatsbad mit Deutschlands einziger Glaubersalztherme. Vor ca. 50.000 Jahren waren hier die Vulkane noch äußerst aktiv und haben ihre sichtbaren Spuren hinterlassen. Die durch diese feuerspeienden Berge entstandene 32 ° C warme Thermalquelle wussten schon die römischen Kaiser 400 n. Chr. zu schätzen und zu nutzen. Sie ließen im damaligen „Vicus Bertriacum“ die Heilquelle einfassen und opulente Badehäuser errichten.

Die Geschichte nahm dann ihren Lauf: Mehrfach wechselte das Bad den Besitzer, bis es schließlich 1476 von Kurtrier übernommen und Staatsbad wurde. Mit der Besetzung des Rheinlandes durch die französische Truppen Ende des 18. Jahrhunderts gehörte der Kurort 20 Jahre zum linksrheinischen Departement Rhein-Mosel. Dann legte der Wiener Kongress die Grenzen in Europa neu fest und Bad Bertrich wurde preußisch.

Uns hat diese kleine Erholungsoase völlig verzaubert. Ein romantisches Bad in waldreicher Natur. Gleich in der Nähe der Therme nimmt die Kurfürstenstraße ihren Anfang. Sie bildet den Mittelpunkt der Fußgängerzone und führt, gesäumt von historischen Gebäuden, schmucken Geschäften und gemütlichen Restaurants durch den Ort. Staunend standen meine Frau und ich vor eindrucksvollen, zum Teil mehr als 200 Jahre alten Prachtbauten, wie z. B. dem Badeschlösschen, dem Kavaliershaus und der Wandel- und Brunnenhalle. Alles umrahmt von aufwändig gepflegten und schön arrangierten Blumenrabatten und Gärten. Ein Fest für die Sinne. Übrigens bezeichnete seinerzeit Alexander von Humboldt nach einer Wasseranalyse Bad Bertrich als das „milde Karlsbad“. Dass auch Clara Viebig häufig Gast im Städtchen war, bezeugt ein Pavillon mit einer Sammlung von Werken der Schriftstellerin. Entlang des kleinen Üssbachs schlenderten wir weiter bis zum Schwanenteich und erlebten gleich in der Nähe, auf der Terrasse eines kleinen Gasthofs, eine bemerkenswert gute Küche.

Längst hatte uns eine wohltuende Ruhe und Entspanntheit erfasst. Das wurde aber noch verstärkt durch den Rückweg, der uns gleich zu Beginn durch den „Römerkessel“ führte. Dem ersten landschaftstherapeutischen Park Europas. Hier spazierten wir durch sieben (!) verschiedene Themengärten und waren dabei der Natur stets sehr nahe.

Wir haben einen entschleunigten Tag erlebt in einem ruhigen, unaufgeregten und erholsamen Kurort. Schon jetzt sind wir uns sicher, dass wir Bad Bertrich bald wieder besuchen werden. Dann werden wir den Tag vielleicht mit einem entspannenden Bad in der Therme beginnen.

Foto und Text: Michael Usadel

Erstmals erschienen im „Schleidener Wochenspiegel“ unter der Rubrik „Schon mal dort gewesen?“.

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