Das schönste Jugendstilkraftwerk Deutschlands
in Heimbach/Eifel
Da waren sich die Experten sofort einig: Dort, wo eine Talsperre gebaut wird, sollte auch möglichst ein Wasserkraftwerk betrieben werden. Und so entstand in Heimbach 1905, im Zuge der Errichtung der Urfttalsperre nahe Gemünd, das bis dahin größte und modernste Speicherkraftwerk Europas mit einer Leistung von 12.000 kW. Ein immerhin 2.700 m langer Stollen, getrieben durch den Höhenzug des Kermeters, versorgt dieses Elektrizitätswerk noch heute mit dem zur Krafterzeugung notwendigen Wasser aus dem Urftsee. Um die Leistung auf 16.000 kW zu erhöhen, wurden die acht damaligen Turbinen 1975 durch zwei neue, modernere Maschinen ersetzt, die bis heute ca. 7.000 Haushalte mit Strom versorgen.
Auf Gegenliebe stieß der Bau des Kraftwerks damals freilich nicht überall. In der kargen Nordeifel lebte man bescheiden. Für Licht sorgten Kerzen und Petroleumlampen. Strom kannte man nicht und brauchte man eigentlich auch nicht. Die plötzliche Elektrifizierung stellte dann aber das Leben der Eifeler buchstäblich auf den Kopf. Entgegen allen Zauderns war nun der Fortschritt nicht mehr aufzuhalten. Übrigens kostete die kW-Stunde zu Beginn der Belieferung 3,7 Pfennig!
Nähert man sich dem Kraftwerk, fällt zuerst die Bauweise auf. Geschwungene Linien, großflächige Ornamentierungen, dem Nutzen angepasste Baukörper und die dekorative, schmückende Gestaltung des Bauwerkes mit zusätzlich zwei dominierenden Ecktürmen zeichnen den Jugendstil an diesem Gebäude aus. Stilgerecht geht es dann im Inneren weiter. Sehr beeindruckt hat mich die auf einer Empore befindliche Schaltanlage, üppig ausgestattet mit Tafeln, Uhren, Relais und Anzeigeinstrumenten aus Mahagoni, Messing und Marmor.
Zwei der ausgetauschten Generatoren stehen noch als eindrucksvolle Schaustücke in der Halle und ließen mein nostalgisches Herz höherschlagen. In diesem wundervollen Ambienten findet alljährlich im Juni ein Kammermusik-Festival statt, welches sich unter dem treffenden Begriff „Spannungen“ allergrößter Beliebtheit erfreut.
Die Ausstellung historischer, elektrischer Haushaltsgeräte sollte man, quasi als Schlussakkord, nicht versäumen. So ein altes Röhrenradio versetzte mich dann auch gleich in meine Kindheit, in der meine Familie und ich, etwa am Sonntagmorgen, mucksmäuschenstill den Programmen lauschten.
Erstmals erschienen im „Schleidener Wochenspiegel“ unter der Rubrik „Schon mal dort gewesen?“.